Nach den globalen Krisen der letzten drei Jahre stehen deutsche mittelständische Unternehmen vor großen Herausforderungen in der Unternehmensfinanzierung. Eine aktuelle Studie befasst sich mit den Auswirkungen steigender Energiepreise, Material- und Personalmangel sowie hoher Inflation und Zinsen auf die Geschäftsmodelle und die Unternehmensfinanzierung von ca. 2.500 mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Die Verfügbarkeit zusätzlicher Finanzierungsquellen stellt keine Wachstumsbremse dar, vielmehr machen Bürokratie, Energiepreise und Fachkräftemangel dem Mittelstand zu schaffen. Eine Studie von Ebner Stolz zeigt, dass der Fachkräftemangel dabei stark an Bedeutung gewonnen hat und als die zentrale Wachstumsbremse identifiziert wird.
Unternehmen setzen weiterhin auf klassische Finanzierungsinstrumente wie Bank- und Förderdarlehen, Leasing oder Factoring. Laut einer Untersuchung von DB Research dominieren diese traditionellen Finanzierungsmöglichkeiten nach wie vor das externe Kapital für Unternehmen in finanzieller Notlage. Alternative Finanzierungsoptionen werden von einer Mehrheit der Unternehmer als weniger attraktiv angesehen.
Doch es zeichnet sich ein neuer Trend ab. Nachhaltigkeitsaspekte, insbesondere Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG), gewinnen in der Unternehmensfinanzierung zunehmend an Bedeutung. Unternehmen und Finanziers richten ihr Augenmerk stärker auf nachhaltige Praktiken und Vorschriften. Ein Bericht von Roland Berger deutet darauf hin, dass dies eine Verschiebung im Fokus von Unternehmen und Finanziers darstellt.
Obwohl sich die Finanzierungslandschaft für mittelständische Unternehmen in Deutschland in den letzten drei Jahren nicht wesentlich verändert hat, zeigen die aktuellen Daten des Handelsblatt Research Institute (HRI) eine Prognose eines Rückgangs des deutschen BIP um 0,7 Prozent. Die Refinanzierungskosten werden voraussichtlich von 1,2 Prozent im Jahr 2022 auf 3,2 Prozent im Jahr 2023 steigen. Dies bedeutet eine fast dreifache Erhöhung der Kosten.
Die finanzielle Situation der mittelständischen Unternehmen ist ebenfalls herausfordernd. Laut der Studie des HRI weist die durchschnittliche Veränderung des Betriebsergebnisses (EBITDA) bei über 340 mittelständischen Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Minus von 5,5 Prozent auf. Der durchschnittliche Leverage, also das Verhältnis von Nettoverbindlichkeiten zu EBITDA, wird voraussichtlich um 14 Prozent steigen. Unternehmen werden im Jahr 2025 im Durchschnitt voraussichtlich gut 31 Prozent ihres EBITDA für Zinszahlungen aufwenden – im Vergleich zu 5 Prozent im Jahr 2021.
Nach dem Bank Lending Survey der Europäischen Zentralbank (EZB) von Mai 2023 erleben gegenwärtig 25 % der Mittelständler eine restriktivere Kreditvergabe der Banken. Diese Veränderungen machen es schwierig für hoch verschuldete Unternehmen, sich zu refinanzieren. Eigenkapitalerhöhungen und die Nutzung staatlicher Fördermittel könnten alternative Finanzierungsoptionen sein, um die finanzielle Resilienz von Unternehmen zu stärken.
Die Auswirkungen der globalen Krisen auf den deutschen Mittelstand
Die globalen Krisen der letzten drei Jahre haben auch den deutschen Mittelstand nicht verschont. Die wirtschaftliche Lage der deutschen Mittelständler ist jedoch größtenteils positiv. Dennoch zeigen sich Veränderungen in den Zukunftsaussichten der Unternehmen.
Ein zentrales Thema, das stark an Bedeutung gewonnen hat, ist der Fachkräftemangel. Viele deutsche Mittelständler sehen in diesem Bereich eine Wachstumsbremse und suchen verstärkt nach Lösungen, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden.
Trotz dieser Herausforderungen sind die Unternehmen weiterhin in der Lage, zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen, um ihr Wachstum voranzutreiben. Die Verfügbarkeit dieser Quellen hat bisher keine negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der deutschen Mittelständler gehabt.
Um die Zukunftsaussichten weiter zu verbessern, ist es für den deutschen Mittelstand entscheidend, flexibel zu bleiben und sich auf die aktuellen globalen Krisen zu adaptieren. Unternehmen, die sich aktiv anpassen und neue Chancen nutzen, haben gute Aussichten, erfolgreich zu bleiben und ihre Position im Markt weiter auszubauen.
Die finanzielle Situation der mittelständischen Unternehmen
Die finanzielle Situation der mittelständischen Unternehmen in Deutschland ist ein wichtiger Indikator für die Gesundheit des Mittelstands. Insgesamt kann gesagt werden, dass die finanzielle Lage der meisten Unternehmen solide ist.
Die Eigenkapitalquote, die das Verhältnis des Eigenkapitals zum Gesamtkapital eines Unternehmens misst, hat sich gut gehalten. Einige Branchen, wie beispielsweise das Gastgewerbe oder der Einzelhandel, haben jedoch eine Verschlechterung der Eigenkapitalquoten verzeichnet. Dies ist auf die Auswirkungen der globalen Krisen auf diese Branchen zurückzuführen.
Ein weiterer wichtiger Indikator ist die Verschuldungsquote, die das Verhältnis der Verbindlichkeiten zum Gesamtkapital eines Unternehmens darstellt. Einige mittelständische Unternehmen haben während der Krisen Bankkredite aufgenommen, um ihre Liquidität abzusichern. Dadurch weisen sie nun eine höhere Verschuldungsquote auf. Dennoch liegt die Verschuldung im Mittelstand insgesamt auf einem stabilen Niveau und stellt keine bedenkliche Situation dar.
Im ersten Halbjahr 2023 ist die Zahl der Insolvenzanmeldungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dies wird jedoch als Normalisierung angesehen und kein Grund zur Beunruhigung. Es ist wichtig zu beachten, dass Insolvenzanmeldungen nicht zwangsläufig auf eine finanzielle Krise hinweisen, sondern auch strategische Entscheidungen oder Umstrukturierungen abbilden können.
Um die finanzielle Situation mittelständischer Unternehmen kontinuierlich zu analysieren und zu verbessern, ist eine enge Zusammenarbeit mit Banken und anderen Finanzierungsquellen von großer Bedeutung. In den kommenden Abschnitten werfen wir einen genaueren Blick auf diese Rolle und die verschiedenen Aspekte der Unternehmensfinanzierung im Mittelstand.
Die Rolle von Banken und anderen Finanzierungsquellen
Bank- und Förderdarlehen, Leasing und Factoring sind nach wie vor die dominierenden Finanzierungsinstrumente für mittelständische Unternehmen. Laut einer Untersuchung nutzen nur etwa 10% der Unternehmen hauptsächlich Bankkredite als Finanzierungsquelle. Ein Drittel der Unternehmen hat keinerlei Bankverbindlichkeiten und greift stattdessen auf alternative externe Finanzierungsquellen zurück.
Für etwa 10% der Firmen spielen Handelskredite eine entscheidende Rolle in ihrer Finanzierung, während knapp 7% der Unternehmen Konzernfinanzierungsmittel bevorzugen. Die Mehrheit der Unternehmen (ca. 43%) setzt auf eine Mischfinanzierung, die verschiedene Finanzierungsquellen kombiniert.
Firmen, die sich überwiegend aus Eigenkapital- und Rücklagen finanzieren, sind in der Regel große Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 50 Millionen Euro. Diese Unternehmen verfügen über einen hohen Bestand an liquiden Mitteln, der etwa 8% der Bilanzsumme beträgt.
Im Gegensatz dazu haben Unternehmen, die Bankfinanzierungen nutzen, nur einen geringen Anteil an Kasse und Bankguthaben in ihrer Bilanz, etwa 1,3%. Diese Unternehmen sind hauptsächlich kleinere Unternehmen mit einem Umsatz unter 10 Millionen Euro.
Handelskredite werden hauptsächlich von mittelständischen Unternehmen aus der Investitionsgüterindustrie, dem Bau und dem Handel genutzt. Sie bieten diesen Unternehmen eine flexible und kurzfristige Finanzierungsmöglichkeit, um ihre Lieferantenrechnungen zu begleichen.
Es ist erwähnenswert, dass Banken trotz der Vielfalt an Finanzierungsalternativen immer noch für die Mehrheit der Unternehmen der Hauptfinanzierungspartner sind. Im Euroraum machen Bankkredite 88,3% des Fremdkapitals der nicht-finanziellen Unternehmen aus.
Angesichts der zunehmenden Anforderungen des aufsichtsrechtlichen Rahmens, wie der Erhöhung der Eigenkapitalquoten und der Risikoreduzierung, stehen Unternehmen vor Herausforderungen in Bezug auf ihre Finanzierung. Gleichzeitig gibt es auch den wachsenden Druck, CO2-Emissionen zu senken und die Dekarbonisierung voranzutreiben.
In diesem Zusammenhang werden auch neue Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds und Sustainable Finance immer wichtiger, insbesondere für kapitalmarktfähige Unternehmen. Diese Instrumente ermöglichen es Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und gleichzeitig Finanzierung zu erhalten.
Der Mittelstand benötigt eine beziehungsbasierte Finanzierung und eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bankengruppen, um ihren spezifischen Finanzierungsbedarf zu decken. Reformvorschläge umfassen die Reduzierung aufsichtsrechtlichen Drucks, die Stärkung der Verbriefung, den Abbau von Bürokratie und einen wachstumsfreundlichen Politikansatz.
Nachhaltigkeitsaspekte in der Unternehmensfinanzierung
In den kommenden Jahren wird eine zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Unternehmensfinanzierung erwartet. Dieser Trend wird durch regulatorische Anforderungen und verändertes Kundenverhalten beeinflusst. Banken und Finanzdienstleister sind bereits dazu verpflichtet, Nachhaltigkeitsaspekte bei Kreditvergaben zu berücksichtigen. Unternehmen sollten sich auf diese Entwicklung vorbereiten, da diese Faktoren zukünftig einen immer größeren Einfluss auf ihre Bonität haben werden.
Laut der Climate Bonds Initiative lag das weltweite Emissionsvolumen nachhaltiger Anleihen im vergangenen Jahr bei 269,5 Milliarden US-Dollar. Seit 2015 wurden grüne Anleihen im Wert von einer Billion US-Dollar begeben. Diese Zahlen verdeutlichen das wachsende Interesse an nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten.
Es ist ermutigend zu sehen, dass 95% der befragten Unternehmen bereits mit Nachhaltigkeitsaspekten in der Unternehmensfinanzierung in Berührung gekommen sind und 85% selbst das Thema Nachhaltigkeit aktiv aufgegriffen haben. Sowohl Ratingagenturen als auch Banken sprechen 88% der Unternehmen auf das Thema an, was zeigt, dass Nachhaltigkeitsaspekte eine immer wichtigere Rolle spielen.
Um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, haben Unternehmen den Dialog mit der Nachhaltigkeitsabteilung intensiviert (93%) und den Austausch mit der Investor-Relations-Abteilung verstärkt (86%). Zudem haben 70% der befragten Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Nachhaltigkeit geschult. Dieses Engagement zeigt, dass Unternehmen bereit sind, die Herausforderungen der nachhaltigen Unternehmensfinanzierung anzunehmen.
Informieren Sie sich hier über eine Studie zur Unternehmensfinanzierung im Zeichen der Nachhaltigkeit und erfahren Sie mehr über nachhaltige Finanzierungen von LBBW. Zudem finden Sie weitere Informationen zum Megatrend nachhaltiger Finanzierungen hier.